Vogtland
22.02.2023

Große Lücke im ambulanten Bereich und Notfallversorgung muss vermieden werden!
Reichenbacher Klinik schließt zum 23. März 2023

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Tobias Koch

Vizepäsidentin und Wahlkreisabgeordnete Yvonne Magwas zur Schließung der Reichenbacher Klinik:

"Ich habe seit vielen Wochen im Hintergrund mit dem Chef der Sächsischen Staatskanzlei Staatsminister Oliver Schenk, der Staatssekretärin des Sächsischen Sozialministeriums für Soziales Dagmar Neukirch, unserem Landrat Thomas Hennig, den Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegerinnen und Pflegern der Klinik in Kontakt gestanden und insbesondere beim Versuch der Schaffung einer neuen ambulanten Struktur mit teilstationären Elementen und Notfallversorgung vor Ort mitgetan. Zuvor, am 7. Dezember 2022, war ich persönlich vor Ort um mir die aktuelle Lage sowie das Konzept der Ärzteschaft, welches damals in der Erarbeitung war, anzuhören und darüber zu sprechen. Seitdem unterstütze ich das Konzept. Ich hätte mir gewünscht, dass das zuständige Sächsische Staatsministerium für Soziales (SMS) das Konzept der Ärzteschaft gemeinsam so zügig fortentwickelt, dass es nicht erst zu einer Schließung der Klinik mit all ihren negativen Nebeneffekten kommt. Leider war diese schnelle Lösung im SMS wohl nicht gewünscht oder wurde für nicht leistbar gehalten.

 

In einer ersten Phase zielten meine Gespräche darauf, eine mögliche Bundesförderung über den sogenannten Krankenhausstrukturfonds zu prüfen. Auch hier obliegt die Entscheidung dem Freistaat Sachsen, konkret dem SMS. Den Krankenhausstrukturfonds gibt es seit 2016. Für die Förderperiode 2019 bis 2024 stehen dem Freistaat Sachsen daraus rund 95 Millionen Euro zur Verfügung. Der Fonds zielt darauf ab, stationäre Überkapazitäten abzubauen, Krankenhäuser „umzuwandeln“. bspw. in nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinrichtungen. Der Freistaat müsste für ein solches Projekt beim Bundesamt für Soziale Sicherung aus diesem Topf Mittel beantragen und diese kofinanzieren. Aus meiner Sicht wäre eine Finanzierung aus diesem Topf für Reichenbach grundsätzlich machbar, seitens des SMS erhielt ich aber letztlich die Information, dass dies aus deren Sicht nicht so wäre bzw. die Gelder bereits für andere Projekte sachsenweit verplant seien.

 

Meinem Einschätzungsstand nach würde ein dauerhafter gänzlicher Wegfall der bisher durch das Krankenhaus Reichenbach erfolgten Versorgung eine große Lücke im ambulanten und zum Teil im stationären Bereich und der Notfallversorgung hinterlassen, was unbedingt vermieden werden sollte, auch vor dem Hintergrund, dass Reichenbach im hausärztlichen Bereich (laut Kassenärztlicher Vereinigung Sachsen) unterversorgtes Gebiet ist. Eine durch den Wegfall der Klinik drohende vollstationäre Regelversorgungslücke im nördlichen Vogtland sehe ich jedoch nicht. Ein wirtschaftlich angepasster stationärer Bereich in Reichenbach wäre in meinen Augen eine gute Ergänzung. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir im Vogtland und den angrenzenden Landkreisen eine hohe Krankenhausdichte haben. Die wirtschaftlich schwierige Lage im stationären Bereich in Reichenbach kommt ja nicht von ungefähr. Das hat zum einen mit der weiter sinkenden Bevölkerungszahl im Vogtland zu tun, zum anderen liegt es an der Paracelus-Klinik-Gruppe, die in den letzten Jahren kaum mehr Investitionen getätigt oder eine nachhaltige Transformation eingeleitet hat.

 

Der Deutsche Bundestag ist bei alledem kein Entscheidungsgremium für die konkrete medizinische Versorgung in Reichenbach, ob der Kreistag eines seien wird, in eine kommunale Mitträgerschaft eines neuen Versorgungsmodells geht, muss noch final geklärt werden. Die konkrete Krankenhausplanung obliegt den Bundesländern. Der Bund regelt ein stückweit über das Vergütungssystem. Ich gehöre im Deutschen Bundestag einer nichtregierungstragenden, oppositionellen Fraktion an. Entsprechend habe ich anders als in der Vergangenheit leider keine so direkten Drähte mehr bspw. ins Bundesgesundheitsministerium. Ich bedaure das, aber so sind nun einmal die politischen Spielregeln.

 

Eine von Bundesgesundheitsminister Lauterbach eingesetzte Experten-Kommission hat jüngst Grundlagen für eine mögliche Krankenhausreform vorgelegt. Diese beinhalten u.a. Neuerungen zur zukünftigen Vergütungsstruktur der Krankenhausversorgung. Der Fallpauschalen-Anteil soll dabei zugunsten einer höheren Grundfinanzierung reduziert werden. Allerdings würden die Krankenhäuser dann wohl stärker ein- und abgestuft. Entsprechend, auch weil dabei Vieles noch im Unklaren ist, bewerten die unterschiedlichen Akteure, Bundesgesundheitsministerium, Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen u.a., die Vorschläge sehr unterschiedlich. Folgen wird dem demnächst wohl eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung, die meine Fraktion, unsere zuständigen Fachpolitikerinnen und -politiker, parlamentarisch begleiten wird. Zeitlich wird dies sicher noch mehrere Monate dauern, bis es hier zu finalen Beschlüssen kommt. Die Kommission selbst spricht von Folgejahren. Die avisierten Reformen des Bundes können deshalb keinen direkten Einfluss auf die beschlossene Schließung der Reichenbacher Klinik zum 31.3.2023 haben. Zudem verbleibt die Kompetenz für die konkrete Krankenhausplanung weiterhin bei den Ländern.

 

Gewiss ist deshalb, dass die Sächsische Staatsregierung, konkret das SMS, hier jetzt finanziell unterlegte Entscheidungen für ein ambulantes Modell mit teilstationärer und Notfallversorgung treffen kann - und aus meiner Sicht längst hätte tun sollen. Staatsministerin Köpping sehe ich in der Pflicht, weniger Bundesminister Lauterbach. Die aktuellen Signale aus dem politischen Dresden, weiter an Lösungen zu arbeiten, klingen vorsichtig optimistisch - an den konkreten Gesprächen im Sächsischen Staatsministerium für Soziales bin ich jedoch mangels Zuständigkeit nicht beteiligt."