Artikel der Freien Presse vom 8.10.2015
Fragen & Antworten zum Präventionsgesetz
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit Warum sind Prävention und Gesundheitsförderung so wichtig? Unsere Gesellschaft ist im Wandel.
Die demografische Entwicklung mit einer anhaltend niedrigen Geburtenrate, der erfreuliche Anstieg der Lebenserwartung und die damit verbundene Alterung der Bevölkerung sowie das veränderte Krankheitsspektrum hin zu chronischen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Diabetes mellitus und psychische Erkrankungen sowie die Veränderungen in der Arbeitswelt mit steigenden Flexibilitäts- und Leistungsanforderungen erfordern mehr denn je effektive Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung. Es muss sich deshalb ein neues Bewusstsein und eine Achtsamkeit für Gesundheit herausbilden. Die Gesundheit zu bewahren lange bevor sich erste Vorboten einer Erkrankung zeigen ist die Aufgabe jedes Einzelnen, aber auch Aufgabe all derer, die für die Gesundheit anderer mit Verantwortung tragen, wie Arbeitgeber sowie Träger von Kitas, Schulen, Pflegeheimen und vielen anderen Einrichtungen. Mit dem Präventionsgesetz möchte die Bundesregierung hier ansetzen. Welches Ziel verfolgt das Präventionsgesetz?
Ziel des Gesetzes ist es, der Prävention den Stellenwert einzuräumen, den das Thema in unserer Gesellschaft braucht. Wir müssen uns nicht nur damit auseinandersetzen, wie Krankheiten verhütet werden sollen, sondern auch die Frage stellen, was langfristig gesund hält. Dieser Ansatz soll mit dem Gesetz aufgegriffen werden. Deshalb sollen die Bürgerinnen und Bürger jeglichen Alters in ihren täglichen Lebenszusammenhängen also in ihren Lebenswelten - dabei unterstützt werden, gesundheitsförderliche Lebensweisen zu entwickeln und im Alltag umzusetzen. Dazu ist es notwendig, Prävention und Gesundheitsförderung dort anzubieten, wo sie den Großteil ihrer Zeit verbringen. Eine zentrale Rolle hierbei spielt die Familie, aber auch Kitas, Schulen, Betriebe, das Wohnumfeld und auch die Pflegeeinrichtungen. Es geht zum einen darum, die Risikofaktoren für die Entstehung lebensstilbedingter Krankheiten, wie ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, chronischer Stress, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum nachhaltig zu reduzieren und gesundheitliche Ressourcen zu stärken. Zum anderen geht es darum, die Verhältnisse, in denen wir leben, lernen und arbeiten so zu gestalten, dass sie die Gesundheit unterstützen. Neben einem Mehr an gesundheitsfördernden Leistungen geht es auch darum, den vielen Akteuren in der Prävention und Gesundheitsförderung auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene eine verlässliche Struktur für ihr Zusammenwirken zur Verfügung zu stellen. Die Akteure, wie die Krankenkassen, die Pflegekassen, die Renten- und die Unfallversicherungsträger sowie die Länder und Kommunen, sollen zukünftig ihre Ressourcen stärker bündeln und sich auf gemeinsame Ziele und Vorgehensweisen verständigen. Entspricht die Stärkung der medizinischen Prävention noch einem zeitgemäßen Ansatz der Gesundheitsförderung? Die Verdienste der medizinischen Prävention zur Gesunderhaltung der Bevölkerung sind unbestritten. Ein Beispiel dafür sind die Schutzimpfungen, die zu den effektivsten, sichersten und zugleich preisgünstigsten Maßnahmen zur Prävention übertragbarer Krankheiten zählen. Dennoch muss Gesundheit ganzheitlich verstanden werden, wobei die medizinische Prävention nur eine Dimension darstellt. Im Gegensatz zur Prävention, die sich auf Risikofaktoren bezieht, Krankheiten verhindern will und damit eine pathogenetische Sichtweise auf den Menschen einnimmt, richtet sich die Gesundheitsförderung mit ihrer salutogenetischen Sicht an der Frage aus: Was erhält Menschen gesund? Dabei werden insbesondere die sozialen, psychologischen und umweltbedingten Einflüsse auf die Gesundheit betrachtet. Darüber hinaus kommt nach dem salutogenetischen Konzept der Stärkung der individuellen Ressourcen und Schutzfaktoren ein besonderer Stellenwert bei der Bewältigung von Anforderungen und dem Erhalt von Gesundheit zu.
Beide Aspekte, Prävention und Gesundheitsförderung, sollten ihre Berechtigung haben und Bestandteile eines zeitgemäßen Gesundheitsverständnisses sein. Die salutogenetischen Aspekte sollen im Präventionsgesetz insbesondere durch die Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten ihren Ausdruck finden. Neben den persönlichen Kompetenzen und der Eigenverantwortung des Einzelnen, die es weiterhin zu unterstützen gilt, wird die Gesundheit u. a. durch Faktoren, wie Familie, Wohnumfeld, Arbeitsbedingungen und Bildung beeinflusst. Ein koordiniertes Zusammenwirken aller verantwortlichen Akteure kann dazu beitragen, dass sich diese Faktoren positiv auf die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land auswirken. Um diesem ganzheitlichen Ansatz Rechnung zu tragen, sehen wir die Einbeziehung aller Sozialversicherungsträger in das Präventionsgesetz vor. Welche Rolle nehmen Ärzte im Gesetz ein und was bedeutet die ärztliche Präventionsempfehlung? Ärztinnen und Ärzte sind sowohl aufgrund ihrer Qualifikation als auch aufgrund des besonderen, vertrauensvollen Arzt-Patient-Verhältnisses seit jeher besonders geeignet, neben der Früherkennung, Diagnose und Behandlung von Krankheiten auch eine primärpräventiv orientierte Beratung und Begleitung ihrer Patienten zu leisten. Auf dem Vertrauensverhältnis aufbauend, können Ärzte die Patienten ermutigen und begleiten, gesundheitsschädigende Verhaltensweisen abzustellen und sie zur Inanspruchnahme von primärpräventiven Angeboten motivieren. Die neu vorgesehene Präventionsempfehlung in Form einer ärztlichen Bescheinigung, die bei der Entscheidung der Krankenkassen über die Erbringung von primärpräventiven Angeboten zur individuellen Verhaltensprävention zu berücksichtigen ist, hat folgende Vorteile: - Über die ärztliche Gesundheitsuntersuchung können gezielt diejenigen Personen identifiziert werden, deren Präventionsbedarf und -potenzial besonders hoch ist. - Es können diejenigen Präventionsangebote bestimmt werden, die aus ärztlicher Sicht für die einzelne Person besonders geeignet sind. - Es können gezielt Personen aus gesundheitlich gefährdeten Zielgruppen angesprochen werden, wie Menschen in belastenden Lebenssituationen, Menschen mit sprachlich, sozial oder kulturell bedingten Barrieren sowie chronisch Kranke, bei denen das Auftreten weiterer Erkrankungen oder zusätzlicher gesundheitlicher Belastungen vermieden werden soll. Wer profitiert von den neuen Regelungen?
Grundsätzlich profitieren alle Versicherten, sei es durch individuelle Präventionsprogramme, wie etwa der Rückengymnastikkurs, oder durch die Gesundheitsförderung in den verschiedenen Lebenswelten, wie der Kita, der Schule, am Arbeitsplatz, im Quartier oder im Pflegeheim. Der folgenden Übersicht können Sie konkrete Maßnahmen des Präventionsgesetzes für verschiedene Gruppen entnehmen: Versicherte allgemein Die Gesundheitsuntersuchungen ("Check-ups") sollen zukünftig neben der Krankheitsfrüherkennung auch auf die die Erfassung von individuellen gesundheitlichen Belastungen und Risikofaktoren ausgerichtet sein und eine darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung enthalten. Die Möglichkeit, dass Versicherte von ihrer Krankenkasse einen Bonus erhalten, wenn sie sich gesundheitsbewusst verhalten und beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrnehmen oder an Präventionskursen teilnehmen, soll verbindlicher gestaltet und ausschließlich auf qualitätsgesicherte Angebote ausgerichtet werden. Arbeitnehmer Ein Schwerpunkt des Präventionsgesetzes ist die Stärkung der Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung): Zukünftig sollen verstärkt gesundheitsfördernde Strukturen in den Betrieben unterstützt werden, etwa in Gestalt von gesundem Kantinenessen, Workshops zur Förderung eines gesundheitsgerechten Führungsstils oder durch Kurse zur Förderung der individuellen Stressbewältigungskompetenzen der Beschäftigten. Die Rahmenbedingungen für betriebliche Gesundheitsförderung sollen verbessert werden, um insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen die Organisation und Durchführung betrieblicher Prävention zu erleichtern. Hierzu sollen die Krankenkassen den Unternehmen in gemeinsamen regionalen Koordinierungsstellen Beratung und Unterstützung anbieten und dabei lokale Unternehmensorganisationen wie Industrie- und Handelskammern sowie Innungen und Handwerkskammern beteiligen. Die betriebliche Gesundheitsförderung und der Arbeitsschutz sollen künftig enger miteinander verknüpft werden, etwa durch eine stärkere Einbeziehung der Betriebsärztinnen und Betriebsärzte in die Konzeption und Durchführung von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Kinder und Jugendliche Mit dem Gesetz sollen u. a. die Lebenswelten Kita und Schule gestärkt und vermehrt Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung vorgehalten werden. Dazu zählt z. B. die Bewegungsförderung in der Natur in der Kita z. B. ein Erleben mit allen Sinnen oder in der Schule die Verlagerung des Unterrichts nach draußen oder die Einbindung von Aktivitäten in den Unterricht und in die Pausen.
Der Zeitraum für die Inanspruchnahme von Hebammenhilfe soll von bisher acht auf zukünftig zwölf Wochen nach der Geburt erweitert und im Gesetz festgelegt werden, auf ärztliche Anordnung auch länger. Die bewährten Vorsorge-Untersuchungen (U- und J-Untersuchungen) beim Kinder- oder Hausarzt sollen künftig bis zum 18. Lebensjahr möglich sein. Die Entscheidung über mögliche neue Untersuchungen und deren Ausgestaltung trifft der Gemeinsame Bundesausschuss. Die derzeit vorrangig auf die Krankheitsfrüherkennung ausgerichteten Vorsorge-Untersuchungen sollen zukünftig verstärkt auch die Erfassung von gesundheitlichen Belastungen und Risikofaktoren sowie eine präventionsorientierte Beratung beinhalten. Ärzte sollen somit künftig eine Schlüsselrolle haben, wenn es darum geht, in jeder Altersphase des Kindes und des Jugendlichen wichtige Erkrankungen und Entwicklungsstörungen wie auch auftretende gesundheitliche Risiken zu erkennen und gemeinsam mit den Heranwachsenden und ihren Familien Lösungsansätze zu entwickeln. Familien und Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf sollen durch die Ärztin oder den Arzt im Rahmen der Gesundheitsuntersuchungen zukünftig auf örtliche und regionale Unterstützungs- und Beratungsangebote hingewiesen werden. Auch hinsichtlich des Impfschutzes als Bestandteil der Gesundheitsuntersuchungen ist die Beratung durch den Kinder- oder Hausarzt der richtige Weg, um einen frühzeitigen Schutz der Kinder und Jugendlichen zu erreichen und gefährlichen Krankheiten, wie z.B. Masern, vorzubeugen.
Ältere Menschen Ein weiterer Schwerpunkt des Präventionsgesetzes ist die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen, die in einer teil- oder vollstationären Pflegeeinrichtung leben. Hierfür erhalten die Pflegekassen erstmals einen spezifischen Präventionsauftrag, Leistungen zur Gesundheitsförderung in den Pflegeeinrichtungen zu erbringen. Folgende Angebote sind damit u. a. gemeint: - Angebote zur Bewegung, Kraft-Balance-Trainings, Sturzprävention - gesunde Verpflegung und Ernährung in den Einrichtungen - Angebote zur Unterstützung des seelischen Wohlbefindens (Entspannungsmaßnahmen, Gesprächsangebote, Ermöglichung des Aufrechterhaltens sozialer Kontakte) Erwerbslose Eine weitere wichtige Zielgruppe für die Präventionsaktivitäten der Krankenkassen sind arbeitslose und insbesondere langzeitarbeitslose Menschen, deren berufliche Eingliederung aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen erschwert ist. Damit die Angebote der Krankenkassen diese Menschen erreichen, ist es wichtig, die Präventionsaktivitäten noch stärker mit dem Beratungs- und Vermittlungsprozess der Jobcenter und Arbeitsagenturen zu verzahnen. Wie wird sichergestellt, dass Prävention möglichst viele Menschen erreicht und nicht nur diejenigen, die schon viel für ihre Gesundheit tun? Mit den Regelungen zum Präventionsgesetz wollen wir insbesondere Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf erreichen, die von sich aus kaum die üblichen Präventionsangebote wahrnehmen, die häufig aber leider einen schlechteren Gesundheitszustand aufweisen bzw. ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben. Deshalb sollen neben dem Angebot an vielfältigen Präventionskursen für den Einzelnen insbesondere gesundheitsfördernde Strukturen dort geschaffen oder ausgebaut werden, wo sich Menschen tagtäglich aufhalten. Der Aufbau und die Weiterentwicklung von gesundheitsförderlichen Strukturen in Kitas, Schulen, Betrieben, Quartieren und Pflegeeinrichtungen ist ein Prozess, der alle Beteiligten gemäß ihrem Aufgaben- und Verantwortungsbereich einbezieht. Zum Beispiel in der Schule: Dort gehören neben den Schülern, Lehrern und weiteren Berufsgruppen auch die Eltern, der Schulträger, die Schulaufsicht, die Kranken- und Unfallversicherung und der Öffentliche Gesundheitsdienst dazu. Je nach Schwerpunkt können auch weitere Partner wie kommunale Vertreter, Sportvereine, Ärzte, Wohlfahrtsverbände, Polizei etc. hinzugezogen werden. Ein weiterer zentraler Baustein zur Verbesserung von Gesundheitschancen ist die präventionsorientierte Fortentwicklung der Gesundheitsuntersuchungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen . Die derzeit vorrangig auf die Krankheitsfrüherkennung ausgerichteten Untersuchungen sollen verstärkt auch gesundheitliche Belastungen und Risikofaktoren in den Blick nehmen sowie eine präventionsorientierte Beratung beinhalten.
So sollen Menschen mit besonderen Risiken geeignete Präventionsangebote empfohlen werden. Warum stärkt das neue Präventionsgesetz die betriebliche Gesundheitsförderung? Betriebe eignen sich in besonderer Weise zur Umsetzung von Präventions- und Gesundheitsförderungsangeboten. Da die Interventionen hierbei in aufsuchender Form erfolgen, lassen sich auch Menschen ansprechen, die über die üblichen Wege schwerer erreichbar sind, wie Beschäftigte in Schichtarbeit . Betriebliche Gesundheitsförderung lohnt sich in vielfacher Hinsicht. Erleben die Beschäftigten ihre Arbeit als sinnstiftend und weniger als eine Belastung und erleben sie darüber hinaus den Arbeitgeber als fürsorglich, wirkt sich dies nachweislich gleichermaßen positiv auf ihre Gesundheit wie auch auf den Erfolg des Unternehmens aus. Schließlich belegen Untersuchungen auch positive ökonomische Effekte, einen so genannten "Return on prevention", der sich beispielsweise aus der Verringerung krankheitsbedingter Produktionsausfälle ergibt. Somit ist die betriebliche Gesundheitsförderung sowohl aus der Perspektive der Beschäftigten als auch aus der Perspektive der Unternehmen ein Schlüsselfaktor, um sich den betrieblichen Herausforderungen zu stellen - nicht zuletzt auch jenen Herausforderungen, die sich aus dem demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel sowie aus den veränderten Arbeitsbedingungen wie zunehmende Arbeitsdichte und ständige Erreichbarkeit ergeben. Wie können kleine und mittlere Betriebe stärker an präventiven und gesundheitsförderlichen Maßnahmen beteiligt werden? Ein betriebliches Gesundheitsmanagement ist heute schon fester Bestandteil der Unternehmenskultur vieler großer Betriebe.
Eine stärkere Verankerung der betriebliche Gesundheitsförderung auch in den kleinen und mittleren Betrieben soll mit dem Präventionsgesetz unterstützt werden, denn hier arbeiten rund 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Dabei ist besonders wichtig, dass die Betriebe über Maßnahmen und Möglichkeiten zur betrieblichen Gesundheitsförderung informiert werden, einen niedrigschwelligen Zugang zu den Leistungen der Krankenkassen haben und zuverlässige Hilfestellung erhalten. Deshalb sollen die Krankenkassen die Beratung und Unterstützung von Unternehmen vor Ort gemeinsam sicherstellen und dabei Unternehmensorganisationen wie Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Innungen beteiligen. Verlässliche Informationen über Angebote zur Gesundheitsförderung stellen die Krankenkassen im Internet bereit. Was verspricht die stärkere Einbeziehung der Betriebsärzte? Betriebs- und Werksärzte sind aufgrund ihrer arbeitsschutzrechtlichen Aufgabenstellung mit der gesundheitlichen Situation der Beschäftigten im Betrieb vertraut. Sie sollen deshalb bei Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung als Berater und Unterstützer stets beteiligt werden. Darüber hinaus ist eine Verknüpfung von arbeitsmedizinischer Vorsorge und den primärpräventiven Angeboten der Krankenkassen vorgesehen. So können Betriebsärzte im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge zukünftig eine Präventionsempfehlung abgeben, die von den Krankenkassen bei der Entscheidung über die Erbringung einer Präventionsleistung berücksichtigt werden muss. Betriebsärzte können darüber hinaus künftig wie Vertragsärzte allgemeine Schutzimpfungen durchführen. Die Krankenkassen können zudem mit den Betriebsärzten Verträge über die Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen ("Check-ups") schließen. Damit wird den Beschäftigten ein einfacher Zugang zu Gesundheitsuntersuchungen ermöglicht. Werden Versicherte, die sich gesundheitsbewusst verhalten, künftig von ihrer Krankenkasse belohnt? Bereits heute können Versicherte von ihrer Krankenkasse einen Bonus erhalten, wenn sie sich gesundheitsbewusst verhalten und beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrnehmen oder an einem Präventionskurs oder einem betrieblichen Präventionsangebot teilnehmen. Dieser Bonus kann von den Krankenkassen in Form einer Sachprämie oder als finanzielle Prämie vergeben werden. Auch Arbeitgeber, die in ihren Unternehmen betriebliche Gesundheitsförderung durchführen, können eine entsprechende Bonuszahlung von den Krankenkassen erhalten. Zukünftig wird diese bisher als Möglichkeit der Krankenkassen vorgesehene Regelung ("Kann-Regelung") als "Soll-Regelung" ausgestaltet werden.
Durch diese verbindlichere Gestaltung soll gesundheitsbewusstes Verhalten verstärkt belohnt werden. Welche Verbesserungen sind für Familien mit Neugeborenen und Kleinkindern vorgesehen? Die Früherkennungsuntersuchungen für Kinder sollen zu präventionsorientierten Gesundheitsuntersuchungen weiterentwickelt werden. Das bedeutet, die Untersuchungen sollen neben der Früherkennung von Erkrankungen auch eine Erfassung und Bewertung der individuellen Gesundheitsrisiken des Kindes und eine darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung beinhalten. Der untersuchende Arzt oder die Ärztin soll die Eltern dabei auf Möglichkeiten hinweisen, wie sie zur Förderung der Gesundheit und der Entwicklung des Kindes beitragen können und wie gesundheitsschädigende Verhaltensweisen und Unfallgefahren vermieden werden können. Abgestimmt auf die individuellen Risiken soll der Arzt oder die Ärztin bei Bedarf auch eine ärztliche Präventionsempfehlung ausstellen können. In diesem Zusammenhang sollen Familien und Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf zukünftig auch auf örtliche und regionale Unterstützungs- und Beratungsangebote hingewiesen werden, um gerade in sozial schwer belasteten Familien frühzeitig passgenaue Angebote zur Prävention im medizinischen und sozialen Bereich anbieten zu können und die Familien wirksam zu unterstützen. Außerdem wird der Zeitraum für die Inanspruchnahme von Hebammenhilfe erweitert: Bisher waren die Leistungen von Hebammen vertraglich bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Geburt vorgesehen mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf ärztliche Anordnung. Dieser Zeitraum wird zukünftig erweitert und nunmehr - gesetzlich - auf zwölf Wochen festgelegt werden, auf ärztliche Anordnung auch länger.
Damit können Mütter und Familien künftig länger von der wichtigen Unterstützung durch Hebammen profitieren. Welche Verbesserungen sind für Kinder und Jugendliche geplant? Die Weichen für ein gesundes Leben werden im Kindes- und Jugendalter gestellt. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Früherkennung von gesundheitlichen Risiken und Erkrankungen schon bei den Kleinsten beginnt und in allen Altersgruppen gestärkt wird. Die bewährten Vorsorgeuntersuchungen (U- und J- Untersuchungen) beim Kinder- oder Hausarzt sollen daher künftig bis zum 18. Lebensjahr möglich sein und eine auf Prävention ausgerichtete ärztliche Beratung umfassen. Der Gemeinsame Bundesausschuss wird durch das Präventionsgesetz die Möglichkeit haben, die Kinder- und Jugenduntersuchungen in diesem Sinne weiterzuentwickeln und darüber zu entscheiden, welche Untersuchungen auch im Schul- und Jugendalter sinnvoll und notwendig sind und zu welchen Aspekten der Arzt oder die Ärztin die Eltern beraten soll. Somit sollen Ärzte künftig eine Schlüsselrolle haben, wenn es darum geht, in jeder Entwicklungsphase des Kindes wichtige Erkrankungen und Entwicklungsstörungen wie auch auftretende Belastungen im Heranwachsen und gesundheitliche Risiken frühzeitig zu erkennen und gemeinsam mit den Heranwachsenden und ihren Familien Strategien zur gesünderen Lebensweise zu entwickeln. Mit dem Präventionsgesetz soll diese Rolle der Ärzte in der Prävention gestärkt werden. Familien und Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf sollen im Rahmen der Gesundheitsuntersuchungen auf örtliche und regionale Unterstützungs- und Beratungsangebote, z. B. auf Angebote der Frühen Hilfen, hingewiesen werden. Wird mit dem Präventionsgesetz eine Impfpflicht eingeführt?
Eine Impfpflicht wird es mit dem Präventionsgesetz nicht geben. Um gerade den Krankheiten, gegen die es einen Impfschutz gibt, besser vorzubeugen, soll aber die Beratung und Aufklärung zum Impfschutz verbessert werden. Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass 90 % der Patienten sich beim Thema Impfen nach dem Rat ihres Arztes richten. Daher sollte der Arzt-Patienten-Kontakt auch zur Überprüfung eines ausreichenden Impfschutzes verstärkt im Bereich der Kinderimpfung genutzt werden. Hier hat Deutschland zwar in den vergangenen Jahren große Fortschritte etwa bei der Maserndurchimpfung erzielt. Allerdings erfolgen Impfungen in vielen Fällen zu spät und nicht wie von der Ständigen Impfkommission empfohlen bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres. In der Altersgruppe der Ein- bis Sechsjährigen ist daher der Anteil der Kinder, die beispielsweise für eine Maserninfektion empfänglich sind, immer noch sehr hoch. Für die betroffenen Kinder bleibt das Erkrankungsrisiko in dem Zeitraum bis zur Vervollständigung des Impfschutzes erhöht. Gerade in Gemeinschaftseinrichtungen, wie der Kita, bedeutet das, dass sich zum Beispiel beim Auftreten von Masern größere Krankheitsausbrüche ereignen können.
Deshalb ist eine ärztliche Beratung zum Impfschutz durch den Kinder- oder Hausarzt der richtige Weg, um einen frühzeitigen Schutz der Kinder zu erreichen und gefährliche Krankheiten, wie z.B. Masern zu eliminieren. Künftig sollen Eltern deshalb bei der Erstaufnahme in eine Kindertageseinrichtung einen Nachweis darüber erbringen, dass vor der Aufnahme eine ärztliche Beratung in Bezug auf den Impfschutz des Kindes erfolgt ist.